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Faire Bezahlung der soloselbstständigen Künstler:innen

  • ellenstork
  • 6. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. Okt.

Lockere Runde, quatschen, lachen, ein Abend in Wolfenbüttel, wir sitzen zusammen, unser kleiner Studiengang, zur Hälfte bestehend aus Künstler:innen und zur anderen Hälfte aus Lehrer:innen, schon ein wenig vertraut. Eine spricht über Bezahlung, 30- 40 € für 45 min Arbeit in der Schule… hört sich erst einmal nicht schlecht an….. nein, es müsste mindestens das Doppelte sein, um als freischaffende Künstlerin leben zu können, altern zu können… Das Thema lässt mich nicht mehr los, was weiß ich schon vom Leben als Soloselbstständige? Was bedeuten 40 € für 45 min. Arbeit in der Schule, was bleibt davon übrig und wie viele Stunden Arbeit stecken in diesen 45 min.?

 

In der Kulturellen Bildung leisten die freischaffenden Künstler:innen einen großen Teil der Arbeit. Auch an den Schulen sind sie im Zuge der Ganztagsschulentwicklung mehr und mehr zu finden. Kulturelle Bildung an Schulen wäre ohne ihre Arbeit kaum noch denkbar. Aber oft sind sie schlecht bezahlt und hangeln sich von Projekt zu Projekt. Das Problem: in der Kultur- und Kreativbranche gibt es keine flächendeckenden Basishonorare, auch in der kulturellen Bildung an Schulen nicht. Aber es tut sich etwas in Sachen Basishonorare für professionelle Künstlerinnen und Künstler.  

Seit Juli 2024 müssen beispielsweise vom Bund geförderte Projekte und Einrichtungen Honoraruntergrenzen für professionelle Künstler:innen einhalten, wenn sie zu 50% oder mehr mit Mitteln der BKM finanziert werden. Auch Nordrhein-Westfalen hat sich auf den Weg gemacht. Seit 1. August 2024 gelten auch hier Honoraruntergrenzen für selbstständige, professionelle Künstler:innen in den Programmen der Kulturellen Bildung, die allein vom Land gefördert werden. Schrittweise will das Land bis Januar 2026 eine flächendeckende Einführung von Honoraruntergrenzen umsetzen. Ab dann gelten die Honoraruntergrenzen sobald das Land mit einem Cent an der Förderung beteiligt ist für alle Sparten. Diese Honoraruntergrenze wurde in NRW auf mindestens 55 € pro Stunde plus Spesen festgelegt. Nordrhein-Westfalen ist damit das erste Flächenland, welches Basishonorare für Künstler:innen konsequent flächendeckend umsetzt.

Warum das Thema so wichtig ist?

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Freischaffende Künstler:innen leben immer noch zu oft in prekären Verhältnissen. Dies zeigt eine Studie, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und der beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erschienen ist. Die folgenden Daten stammen aus dem Abschlussbericht der „Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von Soloselbstständigen und hybrid Erwerbstätigen in der Kultur und Kreativwirtschaft, dem öffentlichen Kulturbetrieb und Kulturberufen in Deutschland“, welcher im Dezember 2024 veröffentlicht wurde.

Grundsätzlich ist die Soloselbstständigkeit in Kultur- und Kreativberufen von hoher Bedeutung. 2022 lag der Anteil der Soloselbstständigen in Kultur- und Kreativberufen laut Mikrozensus bei 13% und war damit mehr als dreimal so hoch wie bei den Erwerbstätigen insgesamt (4%). Insgesamt sind die Einkommen der Soloselbstständigen in diesem Berufsfeld unterdurchschnittlich: „Die Jahresarbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit liegen bei Vollzeitbeschäftigten im Median bei 18.750 Euro (Einnahmen nach Abzug von Betriebsausgaben). Bei fast der Hälfte der Befragten lag das Jahresarbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit im Jahr 2023 unter 15.000 Euro, bei rund einem Viertel zwischen 15.000 und 25.000 Euro.“[1] Damit wir das richtig einordnen: 15.000 Euro war 2022 der Schwellenwert der Armutsgefährdungsgrenze für alleinlebende Personen. Dazu kommt ein ziemlich beachtlicher geschlechtsspezifischer Unterschied, denn die Einkommen der Frauen liegen im Durchschnitt 15% unter denen der Männer, bei Vollzeittätigkeit liegt der Gender Pay Gap bei 25% !!

Eine solche Einkommenssituation zieht Folgeprobleme nach sich: geringe Rentenerwartungen, fehlende Rücklagen, kein Schutz bei Ausfall und Krankheit.

Ich denke, es ist deutlich, warum das Thema Basishonorare für die Arbeit von professionellen Künstlerinnen und Künstlern so wichtig ist. Sie leisten einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft, ihre Arbeit ist in der Kulturellen Bildung existentiell und sie sollten von ihrer Arbeit auskömmlich leben können. Das muss es uns wert sein. Die öffentliche Hand, der Bund, die Länder, die Kommunen haben die Pflicht hier lenkend einzugreifen. Mit dem Argument, dass bei höheren Honoraren weniger Projekte finanziert werden können wird das strukturelle Problem auf die Schultern der Kunstschaffenden geladen und ist erpresserisch.

 

 


[1] Abschlussbericht der „Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von Soloselbstständigen und hybrid Erwerbstätigen in der Kultur und Kreativwirtschaft, dem öffentlichen Kulturbetrieb und Kulturberufen in Deutschland“, S.15

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